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Bezirketagspräsident Franz Löffler: „Ein leistungsfähiger Sozialstaat sichert den sozialen Frieden“


Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags in Weiden

Die sich erneut anbahnende Corona-Welle sowie der Ukraine-Krieg haben bei den Bezirken die Hoffnung zunichte gemacht, dass wieder etwas Normalität und Alltag einkehren. Das machte der Präsident des Bayerischen Bezirketags, Franz Löffler, bei der diesjährigen Vollversammlung in Weiden auch noch einmal deutlich: „Nach der Krise ist vor der Krise. Nicht nur Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch unser Sozialstaat sind durch diese mehr als besonderen Ereignisse herausgefordert. Dennoch dürfen wir vor lauter Krisenmodus nicht die schon lange vor der Corona-Krise bekannten Problemstellungen wie Fachkräftemangel und den demografischen Wandel aus den Augen verlieren.“

Die vergangenen beiden Jahre haben besonders deutlich gezeigt, wie wichtig ein guter und funktionierender Sozialstaat ist. In Zeiten von angespannten öffentlichen Haushalten darf dennoch nicht automatisch im Sozialen gespart werden. Verbandspräsident Franz Löffler appellierte deshalb an Sozialministerin Ulrike Scharf und Dr. Winfried Brechmann, Amtschef im Bayerischen Gesundheitsministerium, der in Vertretung des Staatministers Klaus Holetschek teilgenommen hat: "Ein leistungsfähiger Sozialstaat sichert den sozialen Frieden in einer Gesellschaft. Damit auch unter schwierigen Bedingungen die soziale Daseinsvorsorge funktioniert, braucht es eine zielgerichtete Gesetzgebung, die das verfügbare Geld in wirksame und zielgenaue Maßnahmen lenkt. Denn nur kluge und nachhaltige Reformen sowie neue Ideen und Herangehensweisen können die Versorgung der Menschen in Bayern dauerhaft sicherstellen."

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, der seine Teilnahme an der Vollversammlung kurzfristig absagen musste, unterstrich in einem schriftlichen Statement: „Der Fachkräftemangel in Kliniken und Pflegeeinrichtungen ist eine große Herausforderung – auch mit Blick auf eine mögliche weitere Corona-Welle im Herbst. Die Bundesregierung muss deshalb rasch handeln und darf sich bei den notwendigen Reformen nicht im Kleinen verlieren. Ich setze mich intensiv für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege ein. Veränderungen muss es hier auf vielen Ebenen geben, auch bei der Bezahlung von besonderen Diensten wie Nacht- und Wochenendschichten oder Springerdiensten auch in Pflegeeinrichtungen. Aber die Vergütung ist nicht alles, die zu verbessernden Rahmenbedingungen gehen weit darüber hinaus. Die Einrichtungsträger sind gefordert, zum Beispiel was die Planbarkeit der Dienste und das verlässliche ‚Frei‘ angeht. Und die Kommunen können ihren Beitrag leisten, etwa mit bezahlbarem Wohnraum und Kinderbetreuungsangeboten. Denn wir müssen insgesamt die Attraktivität des Pflegeberufs steigern und Abwanderung aus dem Beruf verhindern.“

Die Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ulrike Scharf, machte in ihrem Grußwort deutlich: „In schweren Zeiten kommt es auf den Zusammenhalt vor Ort an: in den Städten und Gemeinden – und in unseren Bezirken. Die Bezirke sind zentrale Akteure unseres sozialen Netzes in Bayern. Sie fangen Menschen in Not auf – kompetent, professionell und menschlich. Ich danke den ehrenamtlichen Bezirksrätinnen und Bezirksräten sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Bezirken für ihr Engagement! So wie die Bezirke uns unterstützen, so unterstützen auch wir die Bezirke, beispielsweise mit dem Ausgleich der coronabedingten Mehrkosten in der Eingliederungshilfe in Höhe von 70 Prozent. Der Freistaat steht zu seinen Bezirken! Gemeinsam machen wir uns stark für einen zukunftsfähigen Sozialstaat.“

Verbandspräsident Löffler sieht großes Potential im Erhalt der eigenen Häuslichkeit, um besser mit den kommenden Herausforderungen in der Pflege angesichts einer alternden Gesellschaft umgehen zu können. So sei es wichtig, dass Pflegebedürftige und ältere Menschen, die Hilfen im Alltag benötigen, künftig besser und frühzeitig zu unterstützen, damit sie möglichst lange selbstbestimmt in ihren eigenen vier Wänden leben können. Dafür müssten allerdings auf örtlicher Ebene Strukturen mit Ansprechpartnern geschaffen werden, die direkten Kontakt zu den Betroffenen aufnehmen und auch konkrete Hilfestellung leisten können. Ebenso müssten bestehende Angebote besser vernetzt werden. „Wir müssen innovative Ideen und Konzepte entwickeln, um den Aufenthalt im Pflegeheim möglichst lange hinauszuzögern bzw. ganz zu vermeiden. Doch dafür braucht es entsprechende Strukturen, um das am Ende auch umsetzen zu können.“

Auch den Fachkräftemangel nahm Franz Löffler bei der Vollversammlung in den Blick. Hier wünsche er sich von der Politik vor allem mehr Flexibilität für die bezirklichen Gesundheitseinrichtungen sowie die Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen bzw. Pflegebedarf. Im Krankenhausbereich kämpfen die Bezirkskliniken derzeit mit dem noch recht neuen Personalbemessungsinstrument, der sog. PPP-Richtlinie. Deren teils sehr kleinteilige Vorgaben bei der Personalausstattung und die gleichzeitig eingeführten Sanktionsmechanismen erschweren eine bedarfsgerechte, patientenzentrierte, flexible und sich weiterentwickelnde Versorgung psychisch und psychosomatisch kranker Menschen in teil- und vollstationären Einrichtungen. Besonders die Existenz kleinerer und wohnortnaher Einrichtungen kann dadurch gefährdet werden.

Doch auch in Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen sei die Lage besorgniserregend, so Löffler. „Es darf nicht sein, dass Stationen bzw. ganze Einrichtungen geschlossen werden müssen, weil Fachkraftquoten aufgrund des Mangels an qualifiziertem Personal nicht erfüllt werden können. Es geht hier nicht um eine schlechtere Versorgung der betroffenen Menschen, sondern um eine bedarfsorientierte Betreuung. Und dafür brauchen die Einrichtungen die Möglichkeit, Personal gegebenenfalls flexibel einsetzen zu können“, betonte Franz Löffler.  

Aufgrund des Ukraine-Krieges stehen wirtschaftlich unsichere Zeiten bevor. Dabei muss die Politik besonders darauf achten, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinandergeht, denn ansonsten gerät der gesellschaftliche Frieden in Gefahr. „Die bayerischen Bezirke werden deshalb auch künftig mit aller Kraft und Überzeugung für Menschen mit Behinderung, mit Pflegebedarf sowie mit psychischen Erkrankungen da sein und ihnen eine bestmögliche Versorgung zur Verfügung stellen. Egal ob Zuhause, in Pflegeheimen, Wohneinrichtungen, Behindertenwerkstätten oder in den Kliniken“, versicherte Verbandspräsident Löffler am Ende seiner Rede.