Wie funktioniert die Bedarfs-Ermittlung?

Die Bedarfs-Ermittlung ist sehr wichtig.
Dadurch findet man heraus:
Welche Hilfen braucht der Mensch mit Behinderung.
Dafür müssen die Mitarbeiter vom Bezirk mit ihm sprechen.
Und dem Menschen mit Behinderung viele Fragen stellen.
So bekommen sie die Informationen, die sie brauchen.
Das Fach-Wort für dieses Gespräch ist:
Dialogisches Verfahren.
Frau im Rollstuhl im Gespräch mit Verwaltungsmitarbeiter
  • Wie läuft das dialogische Verfahren ab?

    Der Mensch mit Behinderung stellt einen Antrag.
    In dem Antrag steht:
    Er braucht eine bestimmte Hilfe.
    Oder er braucht mehrere Hilfen.
    Den Antrag schickt der Mensch dann an den Bezirk.
    Oder ein anderes Amt.
    Ein anderes Amt wäre zum Beispiel die Unfall-Versicherung.
    Dann meldet sich ein Mitarbeiter beim Menschen mit Behinderung.
    Und macht mit ihm einen Termin für ein Treffen aus.

    Bei diesem Termin muss der Mensch mit Behinderung viele Fragen beantworten.
    Die Fragen stellt der Mitarbeiter vom Bezirk.
    Dieses Gespräch ist ein Interview.
    Interview spricht man In-ter-wiu.
     










    Frau im Rollstuhl stellt einen Antrag im Amt.
    Bei diesem Interview kann noch eine andere Person dabei sein.
    Zum Beispiel der Vater oder die Mutter vom Menschen mit Behinderung.
    Oder eine andere Person, der der Mensch mit Behinderung vertraut.
    Das kann zum Beispiel ein Persönlicher Assistent sein.
    Das kann aber auch ein Freund sein.
    Auch der Bezirk kann mit mehreren Personen zum Gespräch kommen.
    Darüber soll der Mensch mit Behinderung aber vorher informiert werden.
    Und der Mensch mit Behinderung sollte damit einverstanden sein.
    Dass mehrere Menschen zum Gespräch mit ihm kommen.

    Bei dem Interview stellt eine Person dem Menschen mit Behinderung Fragen.
    Diese Person kennt sich sehr gut mit Hilfen für Menschen mit Behinderung aus.
    Und hat auch Erfahrung mit verschiedenen Behinderungen.
    Das heißt zum Beispiel:
    Die Fach-Kraft kennt sich mit Hilfen für Menschen mit Körper-Behinderung aus.
    Aber auch mit Hilfen für Menschen mit Hör-Behinderung.
    Deshalb nennt man die Person auch interviewende Fach-Kraft.
    Hat der Mensch mit Behinderung Lern-Schwierigkeiten?
    Dann soll die Fach-Kraft die Fragen in Einfacher Sprache stellen.
     
    Frau im Rollstuhl im Gespräch mit mehreren Personen.
    Manche Menschen mit Behinderung brauchen auch unterstützte Kommunikation.
    Das ist eine Hilfe für Menschen, die schwer sprechen können.
    Sie können Antworten mit Bildern oder Zeichen geben.
    Hält der Mensch zum Beispiel ein Bild mit einem Wasser-Glas hoch?
    Dann wissen die anderen Menschen:
    Der Mensch mit Behinderung möchte trinken.

    Auch das ist für das Interview wichtig:
    Es sollen nur Fragen gestellt werden, die für die Hilfen wichtig sind.
    Gemeint sind die Hilfen, die der Mensch mit Behinderung beantragt hat.
     
    Abbildung Sprachcomputer
    Die Fach-Kraft kann die Fragen von einer Liste auswählen.
    Das heißt:
    Die Fach-Kraft muss sich die Fragen nicht selbst ausdenken.
    Das haben vorher schon Fach-Leute gemacht.
    Die Fach-Kraft muss nur noch entscheiden:
    Welche Fragen sind wichtig für die gewünschten Hilfen?
    Die Fragen sind in die 9 Lebens-Bereiche aufgeteilt.
    Die 9 Lebens-Bereiche sind in Teil 2 von diesem Heft genau erklärt.

    Für die Bedarfs-Ermittlung sind vor allem diese Informationen wichtig:
    • Welche Wünsche hat der Mensch mit Behinderung?
    • Wie lebt der Mensch mit Behinderung im Moment?
    • Wie möchte der Mensch in Zukunft leben?
    Abbildung Checkliste
    Und am Leben in der Gesellschaft teilhaben?
    Zum Beispiel:
    Was will er in seiner Freizeit machen?
    Oder will er in einem Beruf arbeiten?
     
    Abbildung Selbstbestimmung in der Freizeit
  • Wie wird das Gespräch mit dem Menschen mit Behinderung vorbereitet?

    Die Fach-Kraft muss entscheiden:
    Welche Fragen sind für den Menschen mit Behinderung wichtig?
    Und welche Fragen kann ich weglassen?
    Das soll sich die Fach-Kraft vor dem Gespräch überlegen.

    Das Ziel von der Fach-Kraft muss sein:
    Am Ende vom Gespräch muss feststehen, welche Hilfen der Mensch braucht.
    Der Mensch soll aber auch keine überflüssigen Fragen beantworten müssen.
     
    Hat der Mensch nur eine Körper-Behinderung und Lern-Schwierigkeiten?
    Dann wäre eine überflüssige Frage:
    Benutzen Sie ein Vorlese-Programm für blinde Menschen?
    Überflüssige Fragen sind Fragen,
    die keine wichtigen Informationen dafür liefern können.
    Zu viele Fragen könnten den Menschen mit Behinderung zu sehr anstrengen.

    Das Gespräch soll für alle so angenehm wie möglich sein.
    Deshalb muss man den Termin gut planen.
    Die Fach-Kraft soll zum Beispiel dafür sorgen:
    Frau im Rollstuhl
    • Die Uhrzeit soll vor allem für den Menschen mit Behinderung passen.
    • Und das Gespräch soll nicht zu lange dauern.
      Ist doch ein längeres Gespräch nötig?
      Dann müssen genug Pausen im Gespräch gemacht werden.
    • Den Ort vom Gespräch muss der Mensch mit Behinderung gut erreichen können.
      Manchmal ist es am einfachsten, wenn die Fach-Kraft zum Menschen mit Behinderung kommt.
      Zum Beispiel in seine Wohnung.
      Oder an seinen Arbeits-Ort.
      Das muss die Fach-Kraft vorher mit dem Menschen mit Behinderung ausmachen.
      Der Gesprächs-Ort muss aber barrierefrei sein.
      Und zwar für alle Personen, die beim Gespräch dabei sind.
      Barrierefrei heißt hier zum Beispiel:
      Man muss mit einem Roll-Stuhl ohne Probleme in den Raum kommen.
      Oder es muss ein ruhiger Raum sein.
      Das ist vor allem für Menschen mit Hör-Behinderung wichtig.
      So können sie alles leichter verstehen.
    • Dabei muss immer auf die Behinderung vom Menschen Rücksicht genommen werden.
      Das heißt:
      Ist ein Mensch gehörlos?
      Dann muss eine Gebärden-Sprach-Dolmetscherin oder ein Gebärden-Sprach-Dolmetscher dabei sein.
      Braucht ein Mensch Leichte Sprache?
      Dann muss jemand dabei sein, der Leichte Sprache kann.
      Braucht ein Mensch unterstützte Kommunikation?
      Dann müssen die Hilfs-Mittel dafür vorhanden sein.
    • Der Raum für das Gespräch muss groß genug sein.
      Es müssen also alle Personen beim Gespräch genug Platz haben.
      Und bequem sitzen können.
       
    Abbildung für Pünktlichkeit


    Eine Frau im Rollstuhl fährt eine Rampe hoch.


    Eine Frau und ein Mann unterhalten sich in Gebärdensprache.
    Im Interview sollte die Fach-Kraft auch darauf achten:
    Sie sollte nur nach Dingen fragen, die in den letzten 2 Monaten waren.
    2 Monate sind 8 Wochen.
    Manchmal verändert sich die Behinderung.
    Oder es hat eine längere Krankheit gegeben.
    Dann kann die Fach-Kraft nach Dingen aus den letzten 2 Jahren fragen.
    Aber nur, wenn das notwendig ist.
    Und für den Hilfe-Bedarf wichtig ist.
  • Wichtige Fragen zur Funktions-Fähigkeit

    Im Interview ist oft die Funktions-Fähigkeit besonders wichtig.
    Funktions-Fähigkeit heißt:
    Manche Dinge funktionieren am Körper von Menschen mit Behinderung ohne Probleme.
    Andere Dinge funktionieren nicht mehr.
    Oder nicht mehr so gut.
    Das können zum Beispiel diese Dinge sein:
    • das Laufen
    • das Sehen
    • das Greifen
    Deshalb braucht der Mensch mit Behinderung dann dabei Hilfe.
    Funktions-Fähigkeit meint alles, was der Mensch kann.
    Auch mit seiner Behinderung.
    Und dass er es genau so kann wie ein Mensch ohne Behinderung.
    Blinder Mann mit Blindenstock
    Die Bedarfs-Ermittlung hat also auch dieses Ziel:
    Die Funktions-Fähigkeit vom Menschen mit Behinderung soll besser werden.
    Dafür gibt es das Gespräch mit der Fach-Kraft.
    Das Gespräch soll zeigen:
    Was kann der Mensch selbst?
    Und was kann der Mensch nicht selbst?
    So weiß man, welche Hilfen er braucht.
    Und wie man seine Funktions-Fähigkeit verbessern kann.

    Zur Funktions-Fähigkeit gehören auch diese Dinge:
    • Aktivitäten
      Eine Aktivität ist alles, was eine Person macht.
      Oder machen muss.
      Das kann auch eine Aufgabe sein.
      Zum Beispiel, Fenster putzen oder kochen.
      Beim BIBay soll geschaut werden:
      Welche Aktivitäten sind für die Wünsche vom Menschen mit Behinderung wichtig?
      Und welche von den Aktivitäten kann der Mensch mit Behinderung selbst.
      Und bei welchen Aktivitäten braucht er Hilfe?
    Frau stellt Antrag beim Amt.




    Eine Frau untertützt einen Mann im Rollstuhl beim Fensterputz.
    • Körper-Funktionen und Körper-Strukturen
      Eine Körper-Funktion ist zum Beispiel die Atmung.
      Oder das Gehör.
      Aber auch das Wasser-Lassen.
      Eine Körper-Struktur ist zum Beispiel ein Arm oder ein Bein.
      Aber auch ein Auge oder ein Ohr.
      Einem Menschen mit Behinderung kann zum Beispiel ein Arm fehlen.
      Oder er hat nur ein Auge.
      Ist eine Körper-Funktion nicht gut?
      Oder funktioniert eine Körper-Struktur nicht gut?
      Dann muss man überlegen:
      Welche Hilfen braucht der Mensch?
      Damit er alles machen kann.



    Abbildung Mann mit Behinderung in verschiedenen Lebenslagen.
    • Umwelt-Faktoren
      Mit einem Faktor ist hier ein Grund gemeint.
      Und zwar, warum etwas gut oder schlecht ist.
      Damit ist zum Beispiel gemeint:
      Wohnt der Mensch in einer barrierefreien Wohnung?
      Eine barrierefreie Wohnung kann man mit dem Rollstuhl gut benutzen.
      Und ist in der Nähe von der Wohnung ein Super-Markt?
      Oder eine Bus-Halte-Stelle?
      Das sind gute Umwelt-Faktoren.
      Aber wichtig ist dabei auch:
      Kann der Mensch mit Behinderung ohne Probleme dort hinkommen?
      Vielleicht kann man den Super-Markt nur über eine Treppe erreichen.
      Die Treppe ist dann eine Barriere für den Menschen mit Behinderung.
      Eine Barriere ist ein Hindernis.
      Jede Barriere ist ein schlechter Umwelt-Faktor.







    Abbildung Supermarkt
    • Person-bezogene Faktoren
      Damit ist zum Beispiel das Alter von einem Menschen gemeint.
      Oder ob sich der Mensch gerne mit anderen Menschen trifft.
      Aber auch, ob der Mensch gut mit Problemen umgehen kann.
      Zum Beispiel auch mit seiner Behinderung.
      Und wie das sein Leben bestimmt.
      Dabei gibt es gute und nicht so gute person-bezogene Faktoren.
      Ganz wichtig dabei ist:
      Es kommt immer auf den Menschen an.
      Das heißt:
      Jeder Mensch entscheidet selbst:
      Was für ihn gut ist.
      Und was für ihn nicht so gut ist.
      Ein guter Faktor kann zum Beispiel sein, wenn der Mensch Freunde hat.
      Oder viel mit seiner Familie macht.
      Ein schlechter Faktor kann zum Beispiel sein,
      wenn der Mensch keine Freunde hat.
      Oder seine Behinderung für ihn ein Problem ist.
      Und er deshalb oft traurig ist.
       
    Gruppe von Menschen in unterschiedlichem Alter.


     

    Frau mit traurigem Blick.